Stalinallee - Stalinstadt

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Tonaufnahmen aus der DDR 1952-1955

Eine Produktion des Deutschen Historischen Museums Berlin und des Deutschen Rundfunkarchivs Frankfurt/M. und Potsdam - Babelsberg (CD Nr. 7)

 

Klangbeispiel:
Der 1. Mai 1952 in der Stalinallee [Track 2]

 

Die Abhängigkeit der DDR von der Sowjetunion offenbarte sich nicht zuletzt in der Übernahme des Kultes um die Person Stalins. Die SED, die den "Marxismus-Leninismus", also das Ideengebäude des Stalinismus, zur allein herrschenden Ideologie erklärt hatte, versuchte, die Vergottung des sowjetischen Diktators zur Legitimierung des neuen Systems zu nutzen.

1949, an Stalins offiziellem 70. Geburtstag, wurde in Berlin die "Frankfurter Allee" und ihre Verlängerung in die Innenstadt in "Stalinallee" umbenannt. Die Straße, über die 1945 die Rote Armee ins Berliner Stadtzentrum vorgedrungen war, sollte wenig später zur "ersten sozialistischen Straße Deutschlands" werden. Ab 1952 rückte die Berliner Stalinallee in den Mittelpunkt der politischen Propaganda. Enttrümmerung und Neuaufbau der Straße wurden zu einem Schwerpunkt des "Nationalen Aufbauprogramms" erklärt. Die Stalinallee galt in den folgenden Jahren nicht nur als "Grundstein des Sozialismus in der Hauptstadt Deutschlands", sondern als ein Symbol des Aufbaus der DDR schlechthin.

In zahlreichen Berichten aus dem "Funkhaus an der Weberwiese" begleitete der Rundfunk der DDR die Bauarbeiten. Unter großem Anteil der Bevölkerung feierte man in schneller Folge Richtfest auf Richtfest. Der Ost-Berliner Oberbürgermeister Friedrich Ebert und Vertreter der Staatsführung nutzten die Veranstaltungen, um den Aufbruch in die sozialistische Zukunft zu beschwören. Begeistert berichteten die Rundfunkreporter über ein besseres Leben in den "Arbeiterpalästen" der neuen Prachtstraße.

Nach Stalins Tod im Jahre 1953 erreichte die kultische Überhöhung des "größten Genius aller Zeiten" ihren Höhepunkt. Der deutsche Bericht über die Beisetzung des Diktators und der hymnische Vortrag Johannes R. Bechers im Rahmen des Staatsakts in der Berliner Staatsoper vermitteln etwas von der Stimmung, die man bemüht war zu erzeugen. Wenige Wochen später wurde dem Eisenhüttenkombinat Ost der Name "Eisenhüttenkombinat J.W. Stalin" und der "Wohnstadt des Eisenhüttenkombinats Ost" der Name "Stalinstadt" verliehen.

Seit 1950 war bei Fürstenberg an der Oder mit dem Aufbau des Eisenhüttenkombinats Ost (EKO) begonnen worden, um die Versorgung der DDR mit Roheisen sicherzustellen. Doch das Werk hatte nicht nur große Bedeutung für die Volkswirtschaft der DDR. Es wurde auch benutzt, um - z.B. mit der Losung "Aus sowjetischem Erz und polnischem Koks wird deutscher Friedensstahl" - politische Botschaften zu verbreiten.

Das Anblasen des ersten Hochofens wurde zu einer Demonstration des Aufbauwillens des jungen Staates. Immer wieder wurde der Bogen zu den befreundeten sozialistischen Ländern geschlagen, so etwa mit dem Lied "Die Sonne über Nowa Huta", den ein Chor der "Jungen Pioniere" vortrug und damit einer polnischen Stadt, die ebenfalls um ein großes metallurgisches Werk entstand, huldigte.

Aus der Wohnsiedlung für die Hüttenwerker wurde Stalinstadt, die "erste sozialistische Stadt auf deutschem Boden". Die Stadtplanung orientierte sich an sowjetischen Vorbildern, die Architektur der großzügig geplanten Stadt am deutschen Klassizismus. Das Leben in Stalinstadt sollte in vieler Hinsicht vorbildlich sein, sei es in der Ausstattung der Wohnungen, der Versorgung mit Lebensmitteln und Konsumgütern oder im kulturellen Angebot. Auch darüber wurde im Rundfunk berichtet.

Nach der "Geheimrede" Chruschtschows, der 1956 auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Verbrechen Stalins und den Personenkult anprangerte, setzte in der DDR nur zögernd eine Entstalinisierung ein. Erst 1961 wurde Stalinstadt in "Eisenhüttenstadt" umbenannt. Im gleichen Jahr wurden Teile der Berliner Stalinallee in "Frankfurter Allee" zurückbenannt; ein anderer Teil erhielt den Namen "Karl-Marx-Allee". Auch die Stalin-Denkmäler und Stalin-Büsten verschwanden über Nacht.

Frankfurt am Main, 1997
Claudia Freytag


Inhalt:

Stalinallee

Track Aufnahmedatum Titel Dauer
01 19.01.1952 Richtfest am Hochhaus an der Weberwiese; Yvonne Merien rezitiert "Stalinallee" von Kuba (Pseudonym des Schriftstellers Kurt Barthel) 2'24"
02 01.05.1952 Der 1. Mai 1952 in der Stalinallee; Reporter, Ansprache des Oberbürgermeisters Friedrich Ebert, Gesang: "Du hast ja ein Ziel vor Augen" 5'53"
03 05.05.1952 Der Aufbau der Stalinallee schreitet voran; Reporter über die Einkaufsmöglichkeiten 1'49"
04. 12.07.1952 Richtfest an den ersten drei Wohnblöcken; Reporter, Ansprache Wilhelm Piecks, Delegierte der II. Parteikonferenz der SED, Bericht vom Festplatz, Gesang: "Heut' geht es mal nicht nach der Wasserwaage" 12'54"
05 09.01.1953 Einzug in die neue Wohnung; Reporter im Gespräch mit den Mietern 2'20"


Stalins Tod

Track Aufnahmedatum Titel Dauer
06 09.03.1953 Beisetzung Stalins am Roten Platz 7'15"
07 09.03.1953 Staatsakt in der Berliner Staatsoper; Johannes R. Becher rezitiert "Dem ewig Lebenden", gekürzt (Nebengeräusche) 3'07"


Stalinstadt

Track Aufnahmedatum Titel Dauer
08 19.09.1951 Der erste Hochofen des Eisenhüttenkombinats Ost wird angeblasen; Reporter, Gesang: "Scheint die Sonne über Nowa Huta", Ansprache Otto Grotewohls, Nationalhymne 14'36"
09 Mai 1953 "Vier Fackeln in der Nacht". Funkbericht über den Aufbau des EKO; Reporter, Gespräche mit Arbeitern, Ansprache Walter Ulbrichts zur Namensgebung, Gesang: "Die Internationale" 9'50"
10 Mai 1953 "Das neue Leben". Funkbericht über den Aufbau Stalinstadts; Reporter, im Gespräch mit Stadtbaudirektor Köhler 5'40"
11 Mai 1955 Sendung anläßlich des zweijährigen Bestehens Stalinstadts; Reporter, zu Besuch bei einer Stalinstädter Familie 5'29"
    Gesamtzeit: 71'44"

 

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